Aktuell

Böses Blut –

was können wir tun, um Bluttransfusionen zu vermeiden?

Blut – so Dr. Wiederrecht – ist und war schon immer ein sehr emotional aufgeladener Begriff. Schon in der Urzeit steht Blut für ein Lebenselixier, das Kraft und Jugend verleiht. Zahlreiche Filme und Romane vom Horror- bis zum Heimatfilm, sind mit dem Begriff „Blut“ betitelt.
 
Eine schwere Erkrankung, ein Unfall oder eine große Operation sind Situationen, in denen ein Patient auf eine Bluttransfusion angewiesen sein kann. In solchen Situationen kann das Blut eines anderen Menschen Leben retten oder den Gesundheitszustand deutlich verbessern. Möglich ist dies nur durch Menschen, die selbstlos bereit sind, ihr Blut zu spenden.
 
Auf dem Land sind die regelmäßigen Blutspendenaktionen des Deutschen Roten Kreuzes Events, bei denen man selbst­verständlich zusammenkommt, in der Stadt ist dies nicht der Fall. Jeder zweite geht heute zum Blutspenden, viele davon regelmäßig seit vielen Jahren. Doch nicht jeder, der dies möchte, darf auch spenden.  Denn Voraussetzung für eine Spende ist, dass sie weder dem Spender noch dem Empfänger schaden darf.
Unter Berück­sichtigung der Bevölkerungsentwicklung wird im Jahr 2050 allerdings bei gleich bleibender Spendenbereitschaft nur noch jeder Vierte Blut spenden können. Diesem Rückgang der Blut­spender steht ein steigender Bedarf an Fremdblut durch eine Zunahme von umfang­reichen Operationen entgegen.
Bereits heute ist eine sichere Versorgung mit Blutkonserven mit einem großen Aufwand verbunden. Umso wichtiger ist es daher, den Umgang mit der Ressource Blut kritisch zu hinterfragen.
Im Interesse eines sorgfältigen Umgangs mit der Ressource Blut setzt das Alb-Donau Klinikum auf das so genannte Patient Blood Management, das auf drei wesentlichen Säulen aufbaut:
Optimierung der Blutbildung durch eine umfassende Vorbereitung des Patienten auf eine geplante Operation. 
Minimierung des Blutverlusts durch schonende und wenn möglich minimal-invasive Verfahren. 
Bewusster Umgang mit Blutkonserven nach der Devise „So viel wie nötig, so wenig wie möglich“Dr. Wiederrecht machte deutlich, dass die Ärzte ihre Verantwortung, mit der knappen Ressource Blut sorgfältig umzugehen, ernst nehmen. Zudem gebe es keine Hinweise dafür, dass Bluttransfusionen bei ansonsten stabilen Patienten den Erfolg von Operationen verbessern.

Es wird also Zeit, dem „Patient Blood Management“ mehr Beachtung zu schenken. Wiederrecht benutzte das Bild von zwei Autos. Eines mit halbleerem Tank, eines vollgetankt bis zum Anschlag. Mit welchem Auto möchten Sie die Rallye Paris Dakar fahren? Klar: mit dem vollgetankten. Warum machen wir das mit unserem Körper nicht genauso? Patient Blood Management setzt genau da an: Vor einem Eingriff ist der Tank vollzumachen und ggf. Eisen aufzufüllen.
Dadurch entsteht erwiesenermaßen ein geringerer Bedarf an Blut­transfusionen, ein Hb-Wert Anstieg nach dem Eingriff und ein kürzerer Krankenhausaufenthalt.

Blutverdünnende Medikamente sollten vor einer Operation nur nach Rücksprache mit dem Narkosearzt abgesetzt, durch den Einsatz schonender Verfahren wenn möglich mit minimal-invasivem Zugang blutarm operiert und im Idealfall eine Rückgabe des wiederaufbereiteten Wundbluts durchgeführt werden.
Auch beim Einsatz von Blutkonserven schauen die Ärzte, ob der gleiche Effekt nicht auch mit weniger Fremdblut erreicht werden kann und ob ein Patient auch von seiner Verfassung her auf diese Blutgabe angewiesen ist.

Durch all diese Maßnahmen konnte in Blaubeuren der Bedarf von Bluttransfusionen deutlich gesenkt werden.  2013 wurden noch rund 900 Transfusionen gegeben, heute sind trotz inzwischen gestiegener Patientenzahlen nur noch 390. Dieser Rückgang zeigt, dass es auch anders geht und das ohne die Zunahme von Komplikationen.
Zum Ende seines Vortrags forderte Dr. Wiederrecht seine Zuhörer auf, vor nicht dringenden Operationen zum Hausarzt zu gehen, sich bzgl. der „Tankfüllung“ zu informieren und ggf. eine Füllung des Eisenspeichers auch einzu­fordern.